Würde man mich fragen, was vom Einstiegsabend in unser Seminar die nachhaltigste Wirkung bei mir hinterlassen hat, so wäre es der Satz unseres Referenten Thomas:
„Wenn bei euch die Kraft positiv zu denken nicht da wäre,
würdet ihr nicht hier sitzen –
einmal im Leben habt ihr alles richtig gemacht“
Das sollte nicht heißen, dass wir, die wir hier saßen, alles andere in unserem Leben falsch gemacht hatten. Es heißt vielmehr, dass in jedem von uns diese Kraft positiv zu denken vorhanden ist und wir, diese Männerrunde, die hier im Stuhlkreis saß, bereit war sich auf den Weg zu machen, um sich unseren Gedanken zu stellen und sich damit auseinander zu setzen.
Dass es nicht so einfach ist, diese Kraft positiv zu denken einfach so abzurufen, zeigt ein wunderbares Beispiel eines Mannes, das wir zu Beginn hörten, der sich in eine Situation (wir würden sagen) „verrennt“ und dabei einen negativen Gedanken an den anderen reiht und nicht mehr aus dieser negativen Gedankenspirale herauskommt. Die Geschichte von Paul Watzlawick ist so herrlich plakativ und gefällt mir so gut, dass ich sie hier einmal niederschreiben möchte.
Die Geschichte mit dem Hammer
Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen.
Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile.
Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug
borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben.
Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht’s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet,
doch noch bevor er Guten Tag
sagen kann, schreit ihn unser Mann an: Behalten Sie sich Ihren Hammer, Sie Rüpel!
So drastisch und extrem waren unsere Beiträge am Freitagabend nicht. Aber jeder von uns äußerte sich nach der Vorstellungsrunde im Kreisgespräch ganz persönlich zu seinen positiven und negativen Gedanken, die ihm einfielen und die im Laufe seines Lebens Einfluss auf seine Existenz genommen hatten oder noch haben. Wir hielten fest: Das Leben eines jeden von uns wurde durch unsere Gedanken in die ein oder andere Richtung gelenkt. Es fielen Sätze wie „Wäre ich damals ein anderer gewesen, hätte ich nicht so gehandelt“ oder „Hätte ich zu der Zeit nicht so viel konsumiert, hätte ich das nicht gemacht.“ Der immer und überall zu hörende Satz „Hätte ich anders entschieden, wäre alles ganz anders gelaufen“ fiel an diesem Abend zwar nicht, stand jedoch hörbar im Raum.
Den Abend beschlossen wir mit einem Satz von Rouven Lauer:
Du entscheidest am Morgen, wie dein Tag verläuft
Und schon fast traditionell mit dem Song Gut wieder hier zu sein,
gesungen von Wecker, Wader und Mey.
Warum denke ich so, wie ich denke?
Mit dieser Fragestellung starteten wir in den Tag. Thomas präsentierte uns drei unterschiedliche Beispiele, die uns alle zeigten, dass die Gedanken, die man sich in einer Situation macht, entscheidend sind.
Am Morgen bin ich spät dran, nicht rasiert, beim Frühstück fällt mir das Ei aus der Hand und den Kaffee verschütte ich – ich mache heute nichts mehr.
Ein junger Mann berichtet von seinen Erfahrungen auf einer Krebsstation – er erlebt, dass bei der Gabe von Placebos auch Heilung stattfindet.
Der Schießer beim Boulespiel richtet alle seine Gedanken darauf die gegnerische Kugel zu treffen – und trifft.
In allen drei Beispielen hätte das Ergebnis auch ein anderes sein können. Die Beispiele zeigen, dass es mal in die eine und mal in die andere Richtung gehen kann. Um besser zu verstehen, warum ich denken wie ich denke, schickte uns Thomas auf eine Zeitreise. Jeder war aufgefordert sich im Stillen mit der Frage auseinanderzusetzen.
Wie erlebe/erlebte ich mich mit meinen Gedanken?
früher – in der Konsumzeit – heute
Die Ergebnisse boten Stoff für den ganzen Samstag. Die folgende Zusammenstellung ist lediglich ein Querschnitt durch die vielen Gedanken, die an diesem Tag geäußert wurden und regelmäßig zu Reaktionen bei allen Beteiligten führten. Was Wunder – viele der Aussagen böten Stoff für ein eigenes Seminarwochenende.
Meine Fantasie trieb Blüten – ich malte mir alles schlecht aus
Ich machte mich klein – das Wort ‚Stolz‘ kam in meinem Wortschatz nicht vor – auch heute noch
Ich blieb immer in meinem engen Korridor
Mit Suchtmitteln hab‘ ich mein Hirn ‚tot‘ gemacht
Negative Gedanken habe ich negativ weitergesponnen und tue es manchmal heute noch
Ich habe mir verboten unrealistische Gedanken weiterzudenken, hab‘ sie einfach nicht an mich herangelassen
Gedanken, die anschließendes Handeln mit sich brachten, machten mir Angst
Ich habe mich Diskussionen nicht gestellt
Störungen waren ein Horror für mich
Es machte mich unzufrieden, wenn ich nichts zu tun hatte
Ein freier Tag war ein Chaostag
Ich hatte Angst davor gesund zu sein – ich brauchte eine Krankheitsdiagnose
Versagen, ja schon Missgeschicke, führten zu Schockstarre – ich tat nichts mehr
Ich kam von den Sorgen nie ins Handeln
Negative Gedanken kamen ‚angeflogen‘ und rissen mich zu Boden
Dachte ich an die Arbeit, wurde mir schlecht
Da sind die alten Geschichten, die immer wieder hochkommen
Musste ich Verantwortung übernehmen war ich total verunsichert und beunruhigt
Wofür wir an diesem Tag noch Zeit fanden, war zusammenzutragen, was für uns hilfreich war, um mit unseren Gedanken zurecht zu kommen. Vor allem war es wichtig und wertvoll zu hören, welche helfenden Schritte andere Weggefährten gemacht haben und machen, um gegen negative Gedanken anzugehen. Thomas ergänzte diese Sammlung noch mit zusätzlichen Beiträgen
Über Strukturen Sicherheit finden
Der bewusste Start in den Tag: „Ich entscheide am Morgen…“
Den Blick ausweiten (raus aus dem Korridor, dem Tunnel)
Mutig sein (Angst und Unsicherheit überwinden)
Ich küsse mein Spiegelbild am Morgen
Auf Betäubung jeglicher Art verzichten
Störungen als solche wahrnehmen und annehmen (nicht als Horror oder als Katastrophe)
Stopp – die Negativspirale durchbrechen
Ruhe, Entspannung und Gelassenheit finden – durch Meditation
Langeweile vermeiden (Grübeln gegensteuern)
Mein Licht nicht unter den Scheffel stellen
Authentisch sein (bleiben)
Weinen ist Stärke
Äußere Struktur schafft innere Struktur
Einfach ‚machen‘ (ins Handeln kommen)
Negative Gedanken, die weggaloppieren wieder einfangen
Über Strukturen finde ich Sicherheit
Störungen sind normal – meine Einstellung dazu ist entscheidend
Am Sonntagmorgen musste uns Thomas, seiner Gesundheit wegen, leider vorzeitig verlassen. Nicht ohne uns mit der Morgenrunde noch wertvolle Impulse mit auf den Weg zu geben zu der Frage: „Wie können wir unser Leben positiv beeinflussen.“ Auf Karten, die in der Kreismitte lagen, stand da unter anderem zu lesen
Dein Denken erschafft deine Realität, also wähle kraftvolle, positive Gedanken
Des Menschen Wille, das ist sein Glück
Wenn du es dir vorstellen kannst, kannst du es auch tun
Wähle Optimismus – es fühlt sich besser an
Du bist stärker als du denkst
Jeder Tag ist eine Chance, das Beste aus dir herauszuholen
Glaube an dich selbst! Du bist mutiger als du denkst, talentierter als du denkst und zu mehr fähig als du dir vorstellst
Alles, was wir sind, entsteht aus unseren Gedanken
Die besten Tage deines Lebens stehen noch bevor
Auch ohne Thomas schloss sich eine ausgiebige, rege Diskussion über die Schwierigkeiten an all dies umzusetzen und darüber, wie ‚geduldig‘ doch Papier sein kann. Trotzdem - Packen wir’s an!
Was ich am Männerseminar immer sehr schätze, ist die Tatsache, dass jeder, wirklich jeder ausreichend Zeit hat seine Geschichte, seine Erfahrungen, seine Sorgen, Nöte und Gedanken mitzuteilen. Die so zusammengetragenen Beispiele und Ratschläge sind deshalb immer subjektiv und erheben nie den Anspruch umfassend zu sein. Sie sind eben das Ergebnis des Austauschs einer kleinen Gruppe, die diesen geschützten Rahmen genießt, schätzt und nützt.
Buchtipp:
Du bist nicht, was Du denkst von Georg Lolos
, GOLDMANN, ISBN: 978-3-442-22335-0