Wir trafen uns am Freitagabend pünktlich zum gemeinsamen Abendessen im Schönstattzentrum Oberkirch.
Gestärkt und voller Erwartungen haben wir das Seminar begonnen.
Da die vorgesehen Referentin erkrankt war, sprang Antonia Mamier-Lampart von der AGJ kurzfristig ein. Allerdings konnte sie erst ab Samstag dabei sein, sodass die Seminarleiterin, Maritta Heilig den Abend moderierte.
Wir hatten die Gelegenheit, uns kennen zu lernen, auszutauschen und alle konnten schildern, welchen Weg sie gehen wollen/möchten/können.
Hierzu hatte Maritta einiges vorbereitet:
Das Zitat "Wege entstehen dadurch, dass man sie geht" stammt von Franz Kafka.
Es ist ein Plädoyer zum Handeln und zum Tun. Indem wir uns für eine bestimmte Alternative entscheiden, etwas anfangen oder in eine bestimmte Richtung aufbrechen, lassen wir einen Weg, ein Vorgehen oder einen Lösungsansatz entstehen.
Friedrich Nietzsche hat ebenfalls einen ähnlichen Satz geprägt: "Neue Wege entstehen, indem wir sie gehen".
Um unsere Wege darzulegen hat Maritta gebeten, zu folgenden Fragen eine Antwort zu finden:
- Mein Weg bisher -
worauf bin ich stolz - Möchte ich neue Wege gehen –
was hindert mich - Wenn ich einen Wunsch frei hätte –
welcher Weg wäre es mit welchem Ziel?
Die Antworten haben wir auf einer Metaplanwand gesammelt und wir waren überrascht, wie viele Wege wir bisher bereits beschritten, welche Weggabelungen wir richtig entschieden, auf manchem Weg gescheitert und wie vielseitig das Wegenetz sein kann, wenn man den ersten Schritt gemacht hat.
Nach der folgenden Geschichte haben wir den offiziellen Teil des 1. Seminarabends beendet:
Zur Einstimmung auf unser Seminarthema hat die Referentin bereits im Vorfeld der Seminarleitung 4 Geschichten zukommen lassen, über die in Kleingruppen philosophiert werden sollte:
- Wanderergeschichte
- „Den eigenen Weg zu gehen….,
- Die Frage der Fragen (Chassidische Geschichte)
- Das Labyrinth
Wanderer, deine Spuren sind der Weg, und sonst nichts;
Wanderer, es gibt keinen Weg, der Weg entsteht im Gehen.
Im Gehen entsteht der Weg,
und wenn man den Blick zurückwirft sieht man den Pfad,
den man nie wieder betreten wird.
Wanderer, es gibt keine Weg, nur Kielwasser im Meer
(Antonio Machado)
überlegte ich, heißt wohl nichts anderes, als sich den Dingen zu stellen, die einem begegneten. Nicht versuchen, sie zu umschleichen. Nicht vor ihnen stehen zu bleiben, sondern durch die Schwierigkeiten hindurchzumarschieren(..).
Wir können so leben, wie wir glauben leben zu müssen oder nicht anders leben zu können, doch es wird immer ein lebn* geben, wir es für uns gemeint ist; es ist jenes, das uns am glücklichsten macht und das uns zu unserer wahren Größe erhebt; was auch immer der prajs* dafür sein möge und wie viel auch immer wir dafür auf uns nehmen müssen.
Ich beschloss, jenes lebn zu suchen und zu finden.“
*es handelt sich hier nicht um Schreibfehler. Der äußerst unterhaltsame und tiefsinnige Roman „Wolkenbruchs Reise in die Arme einer Schickse“ von Thomas Meyer, aus dem dieses Zitat stammt, ist in jiddischer Sprache verfasst. Die Worte, „leben“ und „prajs“ bedeuten „Leben“ und „Preis“
Sehr bekannt ist die Geschichte von Sussja, dem großen chassidischen Meister, der weinend auf dem Totenbett lag.
Seine Schüler fragten: »Rabbi, warum bist du so traurig?«
Und Sussja sagte:
Aber in der kommenden Welt wird man mich nicht fragen:
Sussja, warum bist du nicht Mosche gewesen?
Man wird mich auch nicht fragen:
Warum bist du nicht David gewesen?
Man wird mich fragen:
Warum bist du nicht einmal Sussja gewesen?«
DER WEG DES MENSCHEN – MEIN LEBENSWEG
Ein Spruch, ein Text mit dem Titel „Die Frage der Fragen“ aus den Geschichten des Rabbi Sussja kann uns zum Nachdenken über unseren Lebensweg, unseren (inneren) Entwicklungs-Weg und unseren derzeitigen Standort auf diesem Weg anregen.
Dieser Spruch, diese kleine Geschichte, stammt aus der chassidischen Lehre und kann uns helfen, darüber nachzudenken, wie wir unser authentisches Leben führen und unseren persönlichen Lebensweg gehen können.
…ist eines der ältesten Symbole der Menschheit. Auch in vielen großen Kathedralen und kleinen Köstern wurde es angelegt. Kunstvoll gestaltet, schön anzusehen, aber auch zum Benutzen.
Ein kleine meditative Übung: ein Weg zur Mitte (probieren, mit dem Finger/einem Stift dem Weg zu folgen)
Das Labyrinth ist kein Irrgarten. Man läuft nicht gegen Wände und verrennt sich nicht in Sackgassen. Man muss nicht verzweifelt suchen und auch nicht dauernd zurückgehen, um den richtigen Weg zu finden. Das Labyrinth ist barmherzig. Es ist einfach. In ihm kommt man zur Ruhe. Es gibt nur einen Weg. Wenn man diesen Weg geht kommt man nur in beständigem Voranschreiten, Schritt für Schritt zum Ziel.
Es geht nicht mit dem Kopf durch die Wand – selbst dann nicht, wenn man ahnt, dass das Ziel ganz nah ist. Es braucht Geduld, wenn man wieder an den Randd geleitet wird, weit weg von der Mitte. Das Labyrinth verlangt,
dass man auf dem Weg bleibt
... voller Erwartung.
Aus: „der andere Advent 2013/2014“, frei nach einem Text von Frank Howald
Zu jeder dieser Geschichten sollten wir uns folgende Fragen stellen:
- Welche Gedanken löst diese Geschichte bei mir aus?
- Welche Gefühle habe ich dabei?
- Hat die Geschichte/der Text in mir Fragen aufgeworfen?
Anschließend saßen wir noch im Aufenthaltsraum zu persönlichen Gesprächen und einigen Spielen zusammen.
Am Samstag kam Antonia Mamier-Lampart dazu und übernahm die Leitung. Zum Warming-Up gab es ein lustiges Spiel: Mein rechter Platz ist leer….. – Einige haben dieses Spiel auch bereits aus Kindergartenzeiten gekannt – in aufgelockerter Stimmung haben wir uns dann wieder dem Seminarthema gewidmet.
Unserer Referentin Antonia durften wir berichten: „Was ist mir geblieben“ – verbunden mit einer Vorstellungsrunde.
Die Kleingruppen vom Vorabend berichteten, was sie erarbeitet hatten – und es kam wieder mal zum Ausdruck, dass wir Menschen Individuen sind – so vielfältig waren die Antworten, Auslegungen, Gedanken.
Anhand des 4-Felder-Schemas (Lassen oder Ändern?) wurden die negativen und positiven Aspekte von Entscheidungen/Veränderungen dargestellt. Wichtig ist, dass es positive Aspekte von Veränderung gibt, aber auch negative. Häufig sind wir hin- und hergerissen (Ambivalenz). Die inneren Hindernisse sollten wahrgenommen und berücksichtigt werden, sonst blockieren sie uns unbewusst.
Die nächste Einzelaufgabe war für die meisten Teilnehmenden schwer: man sollte mindestens 3 Stärken von sich selber auf einen Zettel schreiben und in der Gesamtgruppe sich damit vorstellen. Die Gruppe hat ergänzt, was sie als Stärken noch wahrnehmen – das hat dem persönlichen Selbstbewusstsein gut getan.
Antonia hat uns sodann zwei Methoden zur Zielerreichung vorgestellt: SMART und Woop.
Wichtig hierbei war:
- Ziele präzise fassen, genau reflektieren, was steht hinter den Zielen, welche tieferen Wünsche
- Was hindert? Ambivalenzen berücksichtigen, wir haben oft einander widersprechende Wünsche z.B. wollen wir einerseits eine Entscheidung treffen, eine Grenze ziehen und gleichzeitig niemanden verletzen, Kein „Nein“-Sagen müssen, die Harmonie nicht stören. Oder wir wollen einerseits die Veränderung gleichzeitig die Vorteile der jetzigen Situation nicht verliegen.
- Ziele nicht so hoch stecken, dass wir sie nicht erreichen können.
Und: „Leben ist das was passiert, während wir Pläne schmieden“
Wie flexibel gelingt es uns, uns auf veränderte Situationen umzustellen, Ziele anzupassen, uns nicht festzubeißen und offen zu bleiben für andere Möglichkeiten, die wir nicht im Blick hatten. In der Gruppe kam auch die Frage auf, inwieweit unser Leben vorbestimmt ist. Welchen Einfluss haben wir und was es bedeutet, seinen ganz eigenen Weg zu suchen, unabhängig davon, was Andere von uns erwarten.
Das alles waren die Themen des Samstags – ein spannender und erfüllter Tag – mit Kaffeepausen und Mittagspause, in der wir mit Essen verwöhnt wurden.
Am Abend gingen manche noch spazieren, einige saßen noch im Aufenthaltsraum zusammen oder zogen sich recht früh ins Zimmer zurück.
Auch der Sonntagmorgen war wiederum sehr arbeitsintensiv, die Zeit verging wie im Fluge.
Nach dem „Anschuggerle Waldspaziergang“ haben wir den Vortag Revue passieren lassen.
Beim Brainstorming kam zum Ausdruck, dass der Samstag als anstrengend empfunden wurde, aber insgesamt wichtig, aufwühlend, interessant, hilfreich war und zum Weiterdenken angeregt hat . Den Samstagnachmittag empfanden einige als sehr theoretisch und die Aufmerksamkeit hatte dadurch etwas nachgelassen.
Eine weitere Methode zur Zielerreichung (Mindmapping) fand kein Interesse bzw. wir haben uns für intensive Gespräche untereinander entschieden.
Insbesondere haben wir über negative Glaubenssätze diskutiert.
Neue Wege benötigen auch Ziele. Antonia hat uns hilfreiche Aspekte zur Zielerreichung vorgestellt
(frei nach Jochen Mai/Karrierebibel.de)
- Selbstreflexion
Sich selber kennen mit Stärken und Schwächen. Dank Selbstreflexion und – erkenntnis können wir Entscheidungen bewusster treffen, Ziele realisitischer setzen, mit Fehlern souverainer umgehen 2. Beziehungen Netzwerke und Beziehungen nutzen (Vitamin B) - Zuversicht
Übertriebene Skepsis wirkt wie eine selbsterfüllende negative Prophezeiung. Fluchtreflexe, sobald Probleme auftauchen, sind normal (erfolgreiche Menschen erzeugen eine Atmosphäre, in der dieser Reflex (Schreckmoment) nur 0,13 Sekunden dauert - Ausdauer
Hartnäckigkeit und Disziplin sind oft wichtiger als Können. Fleiß und Beharrlichkeit führen zum Ziel. - Pragmatismus
Präzise sein bei der Einschätzung des Machbaren, von Kosten und Potientialen - Neugier
Lernen wollen, aufgeschlossen sein in verschiedenen Bereichen (z. B. Politik, Wissenschaft, Kultur, Sport …), in allen Lebensfragen - Kreativität
Neue Dinge zusammenbringen, über den Tellerrand hinausdenken (out of the box)
Eine neue Erfahrung war für uns das Denkspiel „Out oft he box“.
Es geht darum: „Wie gelingt es, Out oft he box zu denken“:
Hierzu hat uns Antonia folgende Erklärungen mitgegeben:
- Hinterfragen Sie Ihre Annahmen
Hinterfragen Sie Dinge, die Sie für selbstverständlich halten:
Warum glauben Sie, was Sie tun?
Gibt es andere Möglichkeiten, die Situation zu betrachten? - Suchen Sie nach anderen Perspektiven
Sprechen Sie mit Menschen, die einen anderen Hintergrund und andere Sichtweisen haben.
Wie sehen sie die Situation?
Was sind ihre alternativen Lösungen? - Seien Sie offen für neue Ideen
Lehnen Sie neue Konzepte nicht gleich ab. Prüfen Sie sie sorgfältig, um zu sehen, ob sie für Sie funktionieren könnten. - Denken Sie kreativ
Führen Sie ein Brainstorming durch, auch wenn die Ideen noch so verrückt erscheinen mögen. Je mehr Ideen Sie haben, desto größer ist die Chance, eine wirklich originelle Lösung zu finden.
Zum Abschluss des Seminars haben wir nochmals auf die Aufzeichnungen vom Freitagabend geschaut und einige Wege intensiver betrachtet.
Die Teilnehmer brachten zum Ausdruck, dass sie ihre gewählten Wege jetzt noch deutlicher sehen oder etwas anpassen müssen. Und auch hierzu hat Antonia zum Ausdruck gebracht, dass es sehr wichtig ist die persönlichen Wege in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob dieser Weg noch passend für die eigene Persönlichkeit ist – wir entwickeln uns weiter, lernen dazu, Lebenssituationen ändern sich, etc. – dann muss man den persönlichen Lebensweg anpassen. Wichtig ist es zu akzeptieren, dass auch kleine Umwege zum Leben dazu gehören.
Zum Abschluss äußerten sich alle zufrieden mit diesem tollen Seminar!
…. Und wie sagt man: Sport tut gut – so haben wir das Seminar mit einem kleinen Tanz zu dem „Spirallied von Iria“ beendet.
Nach einem köstlichen Mittagessen haben alle Teilnehmenden die Heimreise angetreten – bepackt mit viel neuem Wissen und Ideen.