Wut, ein Gefühl, das jede und jeder kennt, das oft wie aus dem Nichts kommt, dann aber plötzlich alles beherrscht, alles andere überspielt, kaum beherrschbar ist und zu Reaktionen verführt, die man hinterher bereut. So oder ähnlich wird Wut erlebt: eine große Baustelle für die meisten Menschen.
Auf diese Baustelle begaben sich 14 ausschließlich männliche Seminarteilnehmer. Seminarleiter Thomas Wenz eröffnete die Runde mit der Eingangsfrage, was denn die jeweiligen Erfahrungen mit Wut und die Erwartungen an das Wochenende waren. Folgende Antworten waren zu hören:
Erfahrung mit Wut
- Manchmal staut sich alles in mir auf und entlädt sich dann völlig unkontrolliert
- Ich bin oft wütend über mich selbst, das war ich auch, als ich noch getrunken habe
- Ich schlucke meine Wut immer runter und je wütender ich werde, umso mehr versuche ich zu lächeln
Wünsche an das Seminar
- Wie kann ich Wut als normales Gefühl zulassen
- Wie kann ich Ärger, der sich nicht auflösen kann, bewältigen z.B. in einem Nachbarschaftsstreit
- Wie lerne ich Wut zu erkennen, bevor sie sich breit macht
- Wie lerne ich mit Wut umzugehen, gibt es ein Konzept oder Regeln dafür
Kurzzeitige Entspannung nach den aufwühlenden Eingangsaussagen brachte der Song Gut wieder hier zu sein
It's Good to See You
, 1978). Seminarleiter Thomas spielte eine Interpretation dieses Liedes ab und sorgte
damit bei vielen Teilnehmern für unerwartete Wiedererkennung. Der einfühlsame Text bringt in vielen Stellen auf den Punkt, was auch eine Selbsthilfegruppe
wie der Kreuzbund – also uns – ausmacht. Die Gruppe lauschte gespannt den Lied-Versen wie mit meinen Wünschen, mit meinen Fragen fühl‘ ich mich
nicht allein, gut euch zu seh'n
.
Die zweite Vorab-Aktion dagegen war weniger feinsinnig und im wahrsten Sinne des Wortes bodenständig: so sollten sich die Gruppenmitglieder analog ihrer augenblicklichen Befindlichkeit im Raum auf einer Skalierung von 0—100% aufstellen. Im Ergebnis zeigte sich eine eher gebremste Stimmung – die meisten Männer standen unter bzw. bei 50%.
Was macht Wut eigentlich aus
Thomas und die Gruppe hatten dazu folgende Erkenntnisse. Wut ist ein ein Gefühl, das
- durch heftigen unbeherrschten Ärger ausgelöst wird:
Gefühlsausbruch
- sich, je länger es unterdrückt wird, umso heftiger entlädt
- bei vielen Teilnehmern mit den Eltern verbunden ist
- sich durch gesellschaftliche Normen nicht wegleugnen lässt – Moral versucht Wut zu beherrschen
- wir nicht lernen konnten bzw. durften, weil es nicht erlaubt ist, bzw. war
- oft aus ständiger Rücksicht auf die Umgebung unterdrückt wird
- sich oft gerade unter Alkohol-Einfluss unheilvoll Bahn bricht
Wie lerne ich mit Wut umzugehen
Als Antwort auf die am häufigsten gestellte Frage: Wie lerne ich mit Wut umzugehen
stellte Thomas das schon am Anfang gewünschte Handwerkszeug vor.
Und zwar in Form einer Wut-Ampel, deren Lichterfarben jeweils für eine bestimmte Situation bzw. den Umgang mit ihr stehen:
Rot: Eskalation durch unbeherrschbaren Wutausbruch
Sofort Stopp – Roten Bereich unbedingt vermeiden.
Gelb: Wutausbruch oder Entspannung sind möglich
Raus gehen, Pause machen, Abstand zur negativen Emotion aufbauen und sich sagen Das muss jetzt nicht sein
.
Grün Gewünschter Bereich, Spielraum für Wut-Prävention
Achtsamkeit aufbauen und behalten, persönliche Triggerpunkte beachten, das Gespräch suchen und Missverständnisse aufklären.
Umgang mit der Wut-Ampel
Alle Teilnehmer waren sich einig, dass mit der Wut-Ampel ein einfaches und praktikables Werkzeug zu Verfügung steht. Und zwar sowohl für die Vermeidung von eskalierten Situationen als auch für den Ausstieg daraus. Doch die Diskussion zeigte, dass die jeweiligen inhaltlichen Maßnahmen sehr individuell sind und sich jede(r) damit aktiv beschäftigen muss. So kann es z.B. sein, dass sich Menschen permanent in der Gelb-Phase befinden und sich in ihr sogar wohlfühlen. Andere wiederum müssen lernen, dass auch in der Grün-Phase aktive kritische Kommunikation nötig ist, aber ohne gleich in die Rot-Phase zu springen.
Seminar Abschluss
Als Abschluss des Seminars gingen alle Teilnehmer noch einmal auf den Gefühls-Parkour, das heißt, sie stellten sich gemäß ihrer Befindlichkeit im Raum zwischen den Werten 0—100% auf.
Es gab ein erfreuliches Ergebnis: die Mehrzahl der Teilnehmer waren mit 60—80% deutlich besser als 50% positioniert. Das ist ein tolles Ergebnis des Wochenendes, zeigt es doch, dass Erkenntnisse und vermitteltes Handwerkszeug zum Thema Wut die persönliche Situationen jedes Teilnehmers verbessert haben.
Danke an Thomas Wenz für das hervorragende Seminar, Danke an Gerhard Häring für die professionelle Betreuung und Danke an das Team vom Bildungshaus für sehr gute Küche und heimelige Unterbringung und Atmosphäre.
Weblinks
[1] Wikipedia: Gut wieder hier zu sein
von Allan Taylor (engl. Originalversion) und Hannes Wader (dt. Cover-Version)