Gefühle begleiten uns ein Leben lang, mal mehr und mal weniger bewusst. Menschen unterscheiden sich in dem, was sie freut, ängstigt, wütend oder traurig macht.
Damit eine Analyse der Gruppe der Teilnehmenden vorgenommen werden kann, werden diese gebeten, sich zunächst anhand der Fragestellung zu positionieren, mit welchem Gefühl bzw. Erwartungen das Seminarwochenende verbunden wird. Hierbei ergibt sich eine interessante Bandbreite. Diese bewegt sich zwischen Hoffnung, innerer Anspannung bis Freude, um nur einige Aspekte zu nennen.
Bei den vier grundlegenden Gefühlsarten handelt es sich um
- Freude
- Wut
- Angst
- Trauer
Durch kulturellen Einfluß haben diese Begriffe teilweise ihre ursprüngliche Sinnhaftigkeit
Freude: | stolz etwas erreicht zu haben, gute Begegnungen mit anderen |
Wut: | sich gegenüber Angreifenden zu wehren und damit zu verteidigen |
Angst: | Flucht vor Gefahrensituationen, um sich in Sicherheit zu bringen (Selbsterhaltungstrieb) |
Trauer: | innehalten, sich zurücknehmen, um das Erlebte zu verarbeiten und daraus etwas zu lernen |
verloren. Gefühle sind nach wie vor wichtig, auch wenn sich deren Sinnhaftigkeit verändert hat. Für die Gesundheit des Einzelnen ist essentiell, die Gefühlslandschaft zuzulassen und auszuleben. Gefühle, unsere Selbstwahrnehmung und unser Selbstwertgefühl stehen in enger Beziehung zueinander.
Gefühle sind weder positiv noch negativ. Jeder von uns nimmt diese unterschiedlich wahr und nimmt eine individuelle Bewertung vor.
Werden Gefühle unterdrückt, stauen sie sich auf und werden irgendwann ausbrechen (explodieren). Vor allem in der Vergangenheit wurden Männer und Frauen dazu erzogen, bestimmte Gefühle zu unterdrücken und nicht zu zeigen: eine Frau wird nicht wütend, ein Mann spürt keinen Schmerz.
In der modernen Erziehung kommt der individuellen Gefühlswelt dagegen ein hoher Stellenwert zu.
Weinen wird oft als Schwäche
eingestuft.
Diese Form des Loslassens kann aber zu deutlichen Erleichterungen führen und eine innere Anspannung lösen. Jeder Mensch hat seine eigene,
individuelle Art und Weise mit seinen Gefühlen umzugehen, es gibt keine allgemein gültige Norm.
Am Samstagvormittag werden die Teilnehmer nach ihrem aktuellen Gefühlszustand befragt. Die individuelle Antwort erfolgt mittels nonverbalen Gesten, die nacheinander im Auditorium gezeigt werden.
Danach wurde eine Störung vom Freitagabend thematisiert. Einige Teilnehmer hatten Alkoholgeruch bei einem Teilnehmer bemerkt. Er begründet seinen Alkoholkonsum mit seiner Angst vor der Begegnung mit den anderen Teilnehmern und deren Ablehnung. In der zurückliegenden Zeit waren bei ihm immer wieder Rückfälle aufgetreten.
Diese auslösenden Ursachen bilden die Grundlage für ein Rollenspiel. Einige Teilnehmer schlüpfen in die Rolle einzelner Gefühle:
Mut
, Hoffnung
, Nähe
, Suchtdruck
und Angst
.
Verschiedene räumliche Aufstellungen der Gefühle mit Nähe und Distanz spiegeln das herrschende Gefühlschaos wider.
Eine Ideallinie wird dadurch gefunden, dass der Suchtdruck
ins Abseits gestellt wird,
der Angst
die Kontaktaufnahme nur noch in eingeschränkter Form zugebilligt wird,
und der betroffene Teilnehmer Unterstützung durch Mut
, Nähe
und Hoffnung
erhält.
In einem Feedback artikulieren die Rollen-Spieler ihre ausgelösten, persönlichen Gefühle und das Auditorium schildert seine eigenen Wahrnehmungen. Die hierbei formulierten Thesen bestehen einerseits darin, Gefühle positiv zu nutzen. Andererseits wird es für notwendig erachtet, Wünsche und Entscheidungen sind nachhaltig zu artikulieren.
Das Thema Gefühle wahrnehmen und zulassen im Kontext der Familie
bildet die Grundlage für eine weiteres Rollenspiel.
In der Familie kann es offizielle und nicht offizielle Regeln geben, wie mit Gefühlen umgegangen wird. Die Spielsequenz umfasst die Beziehungen zwischen drei Generationen (Großvater, Vater und Sohn).
Ein Teilnehmer thematisiert seine eigene private Situation und übernimmt die Rollen eines Vaters und Sohnes in einer Doppelrolle: Als Sohn des Großvaters und Vater des Sohns.
Die Rollen der beiden anderen Familienangehörigen werden von anderen Teilnehmern gespielt.
In der Beziehung zwischen Vater und Großvater werden Gefühle nicht angesprochen. In der Spielsequenz redet der Betreffende mit seinem Vater. Im Dialog wird die bilaterale Gefühlsbeziehung thematisiert. Es findet ein argumentativer Austausch statt. Die Suchtthematik des Sohnes bildet hierbei maßgeblich den Hintergrund. Der Vater (Großvater) hat selber ein Alkoholproblem oder pflegt zumindest einen gefährlichen Umgang mit dem Suchtmittel.
Ein weiterer Austausch auf der Ebene Sohn (Vater) zu Sohn wird dargestellt. Der Vater wendet sich im regelmäßigen Austausch über Gefühle an den Sohn, der 10 Jahre alt ist. Dieser weint sehr oft, der Vater fragt regelmäßig nach dem Grund (der Ursache). Die Mutter treibt einen sehr gefährlichen Umgang mit dem Suchtmittel Alkohol. Er weiß, dass sein Vater keinen Alkohol mehr konsumiert. Der Sohn macht sich Gedanken über den Alkoholkonsum der Eltern und sieht die Ursache in seiner Person gegeben (fühlt sich schuldig). Der Vater hat sich mit seiner Exfrau (Mutter) nicht mehr verstanden und ist gegangen. Für den Sohn stehen die Gefühle „Wut“ und „Trauer“ im Gleichklang mit Trinken (Konsum von Alkohol).
Das Auditorium wird darum gebeten, eine Rückmeldung zu der Spielszene abzugeben. Hierbei wird die Problematik von Kindern in suchtbelasteten Familien angesprochen. Die Kinder fühlen sich sehr oft schuldig für das Verhalten der Eltern. Im Rahmen eines weiteren Feedbacks artikulieren diejenigen, welche jeweils eine Rolle ausgefüllt haben, über die hierbei ausgelösten persönlichen Gefühle.
Gegenüber den Teilnehmenden wird die Fragestellung nach den Faktoren formuliert, die vorliegen müssen, damit die Gefahr des Suchtdrucks überhaupt nicht entsteht:
- stabiles Selbstwertgefühl; ich kann mich auf meine Stärken verlassen
- Kinder, die mich liebhaben
- Verantwortung für meine Kinder
- Sicherheitsgefühl; Gefahren erkennen und darüber Bescheid wissen
- Gefühl gebraucht zu werden
- Zufriedenheit
- Zuversicht
- sich selber schön machen
- Gleichgewicht / Ausgewogenheit
- Angst
- Körperwahrnehmung, Achtsamkeit; merken, wenn eine Überforderung erfolgt.
Eine weitere Fragestellung, die Gesichtspunkte betreffend, welche mich in meinem Suchtverhalten schwach machen, wird formuliert:
- Einsamkeit, Langeweile und Leere
- Unverständnis und Unzufriedenheit
- Stress, Überforderung und sich selber unter Druck setzen
- Trauer durch Verlust
- Zu viele Emotionen
- Angst und Zweifel an sich selber
- Vorwürfe und Konflikte
- Seelische und körperliche Schmerzen
- Keine Perspektive, Hoffnungslosigkeit
Die dritte Fragestellung betrifft die Ursachen, welche letztendlich dazu geführt haben, dass sich die individuelle Abhängigkeit entwickelt hat:
- Gefühle abschalten
- sich nicht vollwertig fühlen
- vergessen
- Flucht
- Abschalten
- Betäuben
- Befreiung
Kopf-Kino
ausschalten- Probleme verdrängen
- Mut antrinken, um sich sicher zu fühlen.
Die Teilnehmenden sind gefordert darüber auszusagen, welche Gefühle entscheidungserheblich waren, damit vom Konsum des Suchtmittels Abstand gewonnen werden konnte und somit der Schritt zur Abstinenz erfolgt ist. Die Summe der hierbei artikulierten Emotionen bilden im gesamten einen sog. „Gefühlsteppich“.
Jeder kann individuell sein Suchtthema in Richtung Abstinenz steuern. Wichtige Voraussetzung ist eine innere Klarheit der Gefühle, die dann auch nach außen hin in Erscheinung tritt. Kinder werden immer dann eine Suchtthematik generieren, wenn bei der Entwicklung der Persönlichkeit Defizite entstehen. Das Suchtmittel hat in diesen Fällen den Zweck, eine Kompensation der Defizite vorzunehmen.
Die Steuerung der Gefühle (vergleichbar: Steuerfrau / Steuermann) und somit aktive Einflussnahme auf die individuelle „Gefühlslandkarte“ ist als eine grundlegende Handlungsweise zu deklarieren. Die mögliche Steuerung des Gefühls „Wut“ stellt die Ausgangslage für eine weitere Spielsequenz dar. Eine Vater – Sohn – Beziehung bildet hierbei den Hintergrund. Der Sohn ist über die nachhaltigen Verhaltensweisen des Vaters sehr erbost (wütend). Er versucht auf den Vater und somit dessen Verhaltensweisen Einfluss zu nehmen. Die jeweiligen Ansätze sind nicht von Erfolg gekrönt. Der Sohn verspürt seine Hilflosigkeit. Neben der Wut und Hilfslosigkeit schwingen unterschwellig noch weitere Gefühle mit. Die Aufgabenstellung, die dem Sohn zukommt, besteht nunmehr darin, eine Sortierung der Gefühlswelt vorzunehmen, um zu einem Lösungsweg zu gelangen. Der Lösungsansatz kann in einem letzten klärenden Gespräch mit dem Vater bestehen, in dem die ausgelösten Gefühle vermittelt und die daraus resultierenden möglichen Konsequenzen aufgezeigt werden.
Den Teilnehmenden wird der Prozess, die Steuerung der Gefühle betreffend, aufgezeigt:
- anhalten,
Autopilot
ausschalten - wahrnehmen, was fühle ich; wie sieht meine Gefühlslandkarte aus
- in Kontakt kommen zu den einzelnen Gefühlen
- Steuermann / Steuerfrau herholen
- Akzeptanz der Gefühle – was mache ich daraus
- Wertung vornehmen
- Sichtweite einholen
- aufschreiben:
- Reflexion
- Sortieren
- aus dem Inneren heraus
- wie habe ich es früher gemacht:
- Erfolge
- Erfahrungen
- Erkenntnis schaffen
- Lösungsweg, welche starken Gefühle nehme ich mit.
Am Ende des Seminars erfolgen ein Resümee und eine kompakte Zusammenfassung der thematisierten Aspekte.