Die Wichtigkeit der Rückfallprophylaxe erklärt sich von selbst.
Die drei klassischen Rückfallmodelle: Im Ersten sind Rückfälle ein Ausdruck von Willens- oder Charakterschwäche (moralisches Rückfallmodell). Weiterhin werden Rückfälle verstanden als unausweichliche Kontrollverluste aufgrund physiologischer Vorgänge, die bei Alkoholkranken anders verlaufen als bei gesunden Menschen (organisch-medizinisches Rückfallmodell). In einem dritten Modell liegt die Ursache in der Uneinsichtigkeit des Patienten, der doch in der Therapie alle notwendigen Informationen und Fertigkeiten für ein abstinentes Leben bekommen hat (rationalistische Rückfalltheorie).
Neuere Modelle betonen dagegen, dass es »den« Rückfall genauso wenig gibt wie »den« Alkoholkranken. Ein Rückfall wird weder als Katastrophe noch als Bagatelle gesehen. Vielmehr wird die Aufmerksamkeit auf die Chance zum Lernen gelenkt, die auch in einem Rückfall steckt. Dem individuellen Rückfallgeschehen kommt hier also eine besondere Bedeutung zu. Moderne Erklärungsmodelle nehmen die Einflussfaktoren in den Blick, die das Risiko eines Rückfalls positiv oder negativ beeinflussen. Diese Ansätze zielen darauf ab den Betroffen ein größeres Maß an Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit zu ermöglichen:
Verhaltensökonomischen Rückfallmodell
Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls = kurzfristigen Vorteile des Suchtmittelkonsums („Problemgedanken verdrängen“, Erleichterung, Entspannung) / Verfügbarkeit alternativer Ressourcen (Partner, Familie, Sport, soziale Kontakte, Erfolg) abhängig von Zeit, Aufwand und Erreichbarkeit.
Informationstheoretisches Rückfallmodell
Gegenüberstellung von automatischer Informationsverarbeitung und der bewussten Informationsverarbeitung. Bewusste Informationsverarbeitung: Langsam, aber hohe Flexibilität, bindet große Kontingente der zur Verfügung stehenden kognitiven Kapazität, intentional. Vorteil: ermöglicht dem Menschen das Lernen i. S. von Verhaltensänderung. Automatisierte Verarbeitungsprozesse: Hohe Geschwindigkeit, verminderte Variabilität, geringe Willensanstrengung, unbewusst. Vorteile: entlasten bei alltäglichen Routineaufgaben, binden kaum kognitive Kapazität, sind an bestimmte Auslösesituationen gebunden. Automatisierte Verarbeitungs-prozesse sind schwer zu unterbrechen, wenn sie einmal in Ganggesetzt wurden. Ihr Vorteil zeigt sich vor allem in Not- und Gefahrensituationen, auch bei Stressreaktionen. Problem: auch das Rückfallgeschehen verläuft bei Suchtkranken automatisiert.
Kognitiv-behaviorale Rückfallmodell nach Marlatt und Gordon
Der Prozess eines Rückfalls kann nach Marlatt in drei Phasen unterteilt werden:
- Vorboten eines Rückfalls
- Konfrontation mit Risikosituationen
- Psychische Verarbeitung von Ausrutschern - der Abstinenzverletzungseffekt