Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft

für Suchtkranke und Angehörige

Diözesanverband Freiburg e.V.

KreuzbundDiözesanverband Freiburg e.V.

Bericht: Allgemeines Seminar III 2019

Zeit25.–27.10.2019
OrtGästehaus der Dominikanerinnen, Bühl-Neusatzeck
ThemaWie unter­schied­lich ticken Frauen und Männer
ReferentinSigrid Trillich, PBS Neckargemünd
BerichtDagmar Häring-Sinn
BilderRoland Wagner und Rolf Hoppe

Das Seminar begann pünktlich nach dem gemeinsamen Abendessen um 19 Uhr. Wir machten uns untereinander bekannt, indem immer 2 Personen zusammen den jeweils anderen vorstellten. Sigrid stellte folgende Frage: Wenn ich aktuell an beide Geschlechter denke, denke ich dann eher an Gemeinsamkeiten oder an Unterschiede? Mehr Gemeinsamkeiten meinten 49 %, sowohl als auch meinten ebenfalls 49 %, mehr Unterschiede meinten nur 1 %.

Frühere Rollenbilder

Männer sind:

  • Hauptverdiener
  • zeigen keine Gefühle
  • sind stark, körperlich und mental
  • durchsetzungsstark, z.T. auch durch Gewalt
  • Patriarch
  • sorgt in der Familie für Recht und Ordnung

Frauen sind:

  • Haushaltsversorger
  • Haupterzieher
  • sollen biegsam und fügsam sein
  • ausdauernd
  • leistungsfähig
  • bereit, sich dem Partner unterzuordnen

Heute gibt es veränderte Standpunkte:

  • im Berufsbild, z.B. können Frauen auch zur Bundeswehr
  • in Finanzen und Planung
  • als Erzieherin
  • beide Partner sollten im Haushalt alles können
  • Partner sollten sich auf Augenhöhe gegenseitig unterstützen
  • Frau sucht heute auch nach Bildung, sogar in typischen Männerberufen

Die erste veränderte Rollenveränderung fand im 2. Weltkrieg statt: die Männer waren im Krieg, Frauen räumten die Schäden auf und reparierten das kaputte Haus, usw.

Dann wurden wir von Sigrid in 4 Kleingruppen aufgeteilt: jeweils zwei Gruppen sollten die Unterschiede und die Gemeinsamkeiten zwischen Männern und Frauen ausarbeiten.

Als Unterschiede ergaben sich aus der Gruppen­arbeit: Frauen

  • sind körperlich kleiner, haben mehr Fettgewebe und vertragen weniger Alkohol als Männer
  • bekommen Kinder und legen Wert auf Brutpflege, wogegen Männer ihre Gene möglichst oft verteilen wollen
  • brauchen mehr Kommuni­kation und sind Fremden gegenüber kontaktfreudiger als Männer
  • sind körperlich schwächer und werden monatlich durch ihre Menstruation an ihre Sexualität erinnert
  • führen Zickenkrieg während Männer sich prügeln
  • haben mehr Empathie und legen mehr Wert auf ihr Äußeres

Als Gemeinsamkeiten ergaben sich aus der Gruppen­arbeit: Beide

  • sind Menschen und haben die gleiche Bedürfnispyramide (z.B. Hunger und Durst)
  • sind soziale Wesen – keiner möchte lange alleine sein
  • brauchen Liebe, Zuwendung, Anerkennung, Wert­schätzung, Sexualität, Geborgenheit
  • haben Hobbies wie z.B. Kino, spazieren gehen, Sport und viele körperliche Gemeinsamkeiten
  • haben gleiche Sehnsüchte, Ängste, Wünsche und Prioritäten
  • wünschen sich Harmonie, Verständnis, Toleranz, Respekt und Erfolg im Beruf

Sigrid stellte die Frage, wie bildet sich die Persönlichkeit? Die Antwort: durch Sozialisation.

Sozialisation bezeichnet … den Prozess, in dessen Verlauf sich der mit einer biologischen Ausstattung versehene menschliche Organismus zu einer sozial handlungsfähigen Persönlichkeit bildet, die sich über den Lebenslauf hinweg in Aus­einander­setzung mit den Lebensbedingungen weiterentwickelt. Sozialisation ist die lebenslange Aneignung von und Aus­einander­setzung mit den natürlichen Anlagen, insbesondere den körperlichen und psychischen Grundlagen, die für den Menschen die 'innere' Realität bilden, und der sozialen und physikalischen Umwelt, die für den Menschen die 'äußere' Realität bilden.[1]

Innere Realität: Genetische Veranlagung, körperliche Konstitution, Grundreaktionen der Persönlichkeit
Äußere Realität: Familie, Freunde, Bildungseinrichtungen und soziale Organisationen, Medien, Arbeits- und Wohnbedingungen

Weiter fragte uns die Referentin: Wie urteilen wir über andere Menschen, Dinge Sachverhalte?
Sie erklärte uns, dass wir oft mit Stereotypen oder Vorurteilen bewerten. Nun wurden wir über den Unterschied zwischen Stereotypen und Vorurteilen informiert.

Stereotyp: ist eine mentale Vereinfachung (übervereinfachte Bild) von Verhaltens­weisen, geteilt von einer großen Anzahl von Personen, von genau genommen komplexen Eigenschaften. Gewöhnlicher Vorgang, reduzierte Verhaltens­weisen und reduzierte Komplexität schafft Orientierung. Merke: Verallgemeinerung bildet die Realität nicht differenziert ab. Stereotypen steuern die Wahrnehmung, die Interpretation und das Verhalten.

Vorurteil: entsteht, wenn der Verallgemeinerung des Stereotyps negative Gefühle hinzugefügt werden. Verallgemeinerte Eindrücke werden mit negativen Emotionen besetzt. Ein Vorurteil zeigt z.B. eine feindselige/ ablehnende Haltung gegenüber einer Person, die einer bestimmten Personengruppe angehört und deswegern angeblich die gleichen Verhaltens­weisen besitzt/zeigt. Auch Vorurteile steuern die Wahrnehmung, die Interpretation und das Verhalten.

Stereotyp: Ein Klischee positiv besetzt
Vorurteil: Ein Klischee negativ besetzt

Sigrid machte uns mit einem weiteren, ziemlich neuen Gebiet in der Sozialpsychologie bekannt. Dem Priming, engl. prime = bahnen. Priming heißt Bahnung von Assoziationen, assoziativer Voraktivierung von Teilen des semantischen Wissens und von Erfahrungen durch einen Hinweis. Priming beschreibt Prozesse der Aufmerksamkeitsfokussierung durch die körperlichen Reaktionen, Haltungen und emotionalen Reaktionen, wodurch Erwartungen hervorgerufen werden.

Persönlichkeit: Männer und Frauen handeln nach einem bestimmten Muster = Leitfaden der Persönlichkeit. Gängige Persönlichkeitstests enthalten immer die 5 Grundfaktoren (= Big Five). Jeder dieser Grundfaktoren variiert von stark vorhanden bis schwach. Die Big Five sind sowohl in der Persönlichkeit von Männern als auch Frauen vorhanden. Sie umfassen jeweils verschiedene Merkmale und liegen jeweils in unter­schied­licher Ausprägung vor.

Die Big Five (5 Grundfaktoren der Persönlichkeit) sind:[2]

  • Neurotizismus: Neigung zu emotionaler Labilität, Ängstlichkeit und Traurigkeit
    z.B. nervös, ängstlich, labil, angespannt usw.
  • Extraversion: Neigung zur Geselligkeit und zum Optimismus
    z.B. gesellig, kontaktfreudig, abenteuerlustig, kooperativ usw.
  • Offenheit: Neigung zur Wißbegierde, Interesse an neuen Erfahrungen
    z.B. spontan, fantasievoll, neugierig, tolerant usw.
  • Verträglichkeit: Neigung zur Kooperation und Nachgiebigkeit
    z.B. höflich, diplomatisch, mitfühlend, herzlich usw.
  • Gewissenhaftigkeit: Neigung zur Disziplin und hoher Leistungsbereitschaft
    z.B. strukturiert, zuverlässig, vorsichtig usw.

Hierzu kann jeder für sich selbst im Internet z.B. den Psychomeda Persönlichkeitstest machen.

Zum Abschluss informierte uns Sigrid darüber, dass nach neuen Forschungen und Studien Männer und Frauen gleichviel reden.

Eine langjährige Studie mit Paaren ergab, dass sich 69 % aller Konflikte zwischen Partnern nur durch Akzeptanz und Toleranz lösen lassen.

Mit einer Abschlussrunde und einem gemeinsamen sonntäglichen Mittagessen fuhren wir mit neuem Wissen nach Hause.

Literatur

[1] Klaus Hurrelmann, Einführung in die Sozialisationstheorie, Beltz Verlag, Weinhein (2019); ISBN 978-3-407-25843-4

[2] Big Five; Spektrum der Wissenschaft, Lexikon der Psychologie

[3] Gehirn & Geist, Spektrum der Wissenschaft, Dossier 1/2014 Mann und Frau. ISBN 978-3-943702-56-9

[4] Gerhard Roth, Sebastian Herbst; Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten, Klett-Cotta (2019). ISBN 978-3-608-96456-1

Weblinks

Wikipedia: Sozialisation

Wikipedia: Priming (Psychologie)

Wikipedia: Stereotyp

Wikipedia: Vorurteil

Psychomeda Persönlichkeitstest