Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft

für Suchtkranke und Angehörige

Diözesanverband Freiburg e.V.

KreuzbundDiözesanverband Freiburg e.V.

Hubert Grimming, Oberkirch

Bericht: Rollenspiel Seminar 2015

Zeit1.–3.6.2015
OrtSchön­statt­zentrum Marienfried
ThemaIch bin doch eigentlich ganz anders
ReferentinJanine Stark, Diakonie Oberschwaben Allgäu Bodensee
BerichtSusanne Bunsch
BilderHelmut Schilling

Dies war das zweite Seminar, an dem ich teilgenommen habe und war, wie beim ersten Mal überrascht, wie herzlich wir sowohl von der Dame am Empfang als auch von den anderen Kreuz­bund­mitgliedern empfangen wurden. Das Schön­statt­zentrum liegt wunderschön an einem Hang in Oberkirch und bietet einen herrlichen Ausblick über das Tal. Bis zum Abendessen hatten wir Gelegenheit uns auf der Terrasse etwas näher kennen zu lernen und bei Kaffee und Zigarettchen die Sonne zu genießen.

Gleich nach dem Abendessen begann der erste Teil unseres Seminars im Gruppenraum. Wir stellten uns vor und lernten unsere Referentin Janine Stark kennen. Janine sorgte durch ihrer Persönlichkeit sofort für eine angenehme und lockere Atmosphäre. Sie erklärte uns, dass es sich hier weniger um ein Rollenspiel sondern eher um ein Psychodrama handeln würde.

Sehr schnell wurde deutlich, dass Themen wie Partner­schaft oder ich bin es nicht wert geliebt zu werden eine große Rolle in unserem Kreis spielten. Aber auch habe ich einen Platz im Leben?

Die erste Aufgabe für uns war, sich eine gute Eigenschaft von uns zu überlegen und aufzuschreiben! Fällt recht schwer, merkte ich.

Dann stellte Janine einen Korb mit Kuscheltieren in die Mitte. Jeder von uns durfte sich eines davon nehmen. Da gab es einige Lacher, vor allem über den Elefanten in der Grünen Uniform, den sich ein Teilnehmer sofort geschnappt hat.

Die erste Stunde verging wie im Flug und trotz später Stunde ließen wir den Abend bei einem Eis im Ort ausklingen.

Am nächsten Morgen sollten wir uns dann eine Eigenschaft überlegen, auf die wir gerne verzichten würden. Eine Solche zu finden ist uns allen schon wesentlich leichter gefallen. Wir schrieben sie auf einen Zettel und legten ihn vor uns.

Wer wollte, konnte sich nun Hilfe suchen, um diese schlechten Eigenschaften loszuwerden bzw. besser mit ihnen umgehen zu können. Da gab es z.B. eine Gefährtin, die glaubte, dass sie keinen Platz im Leben habe. Dabei hat sie völlig übersehen wie wichtig sie ihren Brüdern und ihrem Vater ist. Beides war so selbst­verständ­lich in ihren Augen. Die Erkenntnis, dass sie immer für sie da waren und sind überraschte sie sehr. Gleichzeitig wurde deutlich, wie wichtig es ist, Wünsche klar zu äußern!

Wir können und dürfen nicht davon ausgehen, dass unsere Mitmenschen unsere Gedanken lesen und unsere Wünsche erahnen können. Wir müssen lernen eigene Wünsche und Bedürfnisse klar zu äußern. Nur so werden sie verstanden. Es ist unsere Entscheidung, ob wir das Loch oder die Füllung sehen.

An einem anderen Beispiel wurde die innere Zerrissenheit eines Menschen sehr deutlich.

Er stellte sich seine negativen Eigenschaften, - Selbstzweifel und Unsicherheit -, auf eine Seite und, um sie zu besiegen, die Kreativität, Sensibilität, den Trotz und den Fels(in der Brandung), auf die andere Seite. Die Darsteller, die diese Eigenschaften verkörpern sollten, suchte er sich selbst aus. Sie sollten immer einen bestimmten Satz wiederholen. Z.B. die Unsicherheit: Hat sowieso keinen Sinn! Unbewusst hat er sich für die Negativen Eigenschaften zwei sehr starke Persönlichkeiten mit lauten Stimmen ausgesucht! Angesichts der Macht (Lautstärke), zogen sich Kreativität und Sensibilität zurück!

Erst nach Ermutigung durch Janine drängte er die mächtigen Eigenschaften mit den ganz einfachen Aussagen zurück, nämlich: ich will das nicht mehr! Kennen wir das nicht wirklich alle aus unserem Leben?

Verblüffend wie deutlich das bei diesem Spiel wurde. Es liegt nur an uns zu sagen: So will ich das nicht mehr! Das brauch ich nicht!

An einem anderen Beispiel ist uns allen klar geworden, wie scheinbar unerfüllbare Träume mit ganz kleinen Mitteln wahr werden können.

Ein Mann wünscht sich nichts sehnsüchtiger als ein Leben auf dem Bauernhof. Dies scheitert jedoch scheinbar an seinen finanziellen Mitteln. Und doch ist dieser Wunsch realisierbar. Kann man nicht auf einem Bauernhof als Angestellter arbeiten und leben? Es muss doch nicht der Eigene sein. So ist das Leben mit Tieren und der Natur doch auch möglich. An solch eine Lösung hatte er nie gedacht.

Und wieder zeigte es sich, wie wichtig es ist, sich zu öffnen, über eigene Bedürfnisse und Wünsche zu sprechen und sie klar zu äußern. Oft sehen wir einfache Lösungswege nicht. Viel zu schnell dreht sich unserer Gedankenkarussell und alleine ist es sehr schwer zu stoppen.

Nach dem köstlichen Abendessen trafen wir uns nochmals zur Abendrunde. Dabei haben wir uns überlegt, wo wir stehen, wohin wir wollen und was wirklich wichtig für uns ist.

Manchmal ist es schwer, sich darüber klar zu werden. Es hat, denke ich, nicht nur mich aufgewühlt.

Einen herrlichen Abschluss fand der zwar anstrengende aber sehr lehrreiche Tag für einige von uns wieder in der Eisdiele.

Sonntagmorgens haben wir gepackt, gefrühstückt und uns dann zur Abschiedsrunde getroffen. Dabei haben wir erlebt, was ein kollektiver Blackout ist! Keiner von uns wusste, mit welchem Thema der Abend geendet hat! Uff, ich war so froh, dass ich damit nicht alleine war.

Wir haben dann noch über die Bedeutung der Kuscheltiere nachgedacht, die wir uns am ersten Abend ausgesucht haben. Verbergen sich Stärken oder Schwächen dahinter?

Die Schildkröte z.B. ist ein langsames Tier, der Hase flink.

Auf den ersten Blick wirkt die Schildkröte benachteiligt. Aber sieht sie, mit ihrer Ruhe und Langsamkeit, nicht viel mehr vom Weg?

Der Papagei, zählt er nicht als Plappermaul, als Nachäffer? Er kann aber die Stimmen, Laute und Wörter nur dann nachplappern, wenn er sie wahrnimmt!

Janine hat uns auch klar gemacht, dass sich z.B. hinter dem inneren Bild Arroganz oft Unsicherheit verbirgt. Aber warum müssen wir Unsicherheit denn verbergen?

Wir dürfen unsicher sein!
Wir dürfen Fehler machen! Wir müssen nicht perfekt sein. Wir sind Menschen.
Wir haben Fehler und Schwächen und sind trotzdem (oder gerade deshalb ?) einzigartig. Wir müssen den Mut aufbringen, aus uns selbst zu kommen!

Insgesamt war es ein sehr beeindruckendes, lehrreiches Wochenende, mit einer ausgezeichneten Referentin, sehr gutem Essen in einem wunderschönen Haus.
Ich bin sehr dankbar, dass ich teilnehmen durfte.