Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft

für Suchtkranke und Angehörige

Diözesanverband Freiburg e.V.

KreuzbundDiözesanverband Freiburg e.V.

Bericht: Angehörigen Seminar 2014

Zeit10.–12.10.2014
OrtGästehaus der Dominikanerinnen, Bühl-Neusatzeck
ThemaLebenswelten – ich, Du und unsere Zukunft
ReferentinGisela Koop, ehem. Rehaklinik Lindenhof
BerichtBärbel Kempermann, Ettlingen
BilderGaby Weiser, Heidelberg

Auf dem Weg zum Angehörigen­seminar in Bühl-Neusatzeck freute ich mich auf

  • eine Auszeit vom Alltag
  • die Referentin Frau Beate Dörflinger
  • die Teilnehmer, denn die meisten kannte ich von vorherigen Seminaren
  • und natürlich auf das Thema.

Angekommen im Gästehaus der Dominikanerinnen begrüßte ich bekannte und unbekannte Gesichter und bereits beim Abendessen tauschten wir uns lebhaft aus. Frau Anita Hölle eröffnete anschließend das Seminar mit der Nachricht, dass die vorgesehene Referentin Frau Beate Dörflinger ganz kurzfristig ihre Teilnahme absagen musste. Schade! Und nun gab es Frau Rosi Wienecke, die sich jeder noch so aussichtslosen Situation entgegenstellt. Sie konnte am Freitagvormittag (also wirklich von heute auf morgen) mit Frau Koop eine Referentin gewinnen, die sich am Samstag Zeit für uns nehmen und in das Thema einsteigen würde. Danke an Frau Koop und Danke an Rosi, die das möglich gemacht hatte.

In der Vorstellungs­runde hatte jeder die Gelegenheit sich selbst und seine Erwartungen an das Seminar darzustellen. Höhepunkt des Abends war unser Geburtstagsständchen für Sabine. Wir versuchten uns an einem Kanon und der klappte sehr gut. Also ein gelungener erster Abend, den wir beim Eisessen ausklingen ließen.

Am nächsten Morgen traf unsere Referentin Frau Koop ein. Für sie waren wir vom Kreuzbund keine Unbekannten. Sie hat mit vielen von uns bereits u. a. in Frauen­seminaren gearbeitet und schaffte durch verschiedene Aufstellungen (Alter, Zeit der Gruppenzugehörigkeit, lebt mein Angehöriger abstinent) eine lockere Atmosphäre.

Beim Brainstorming zum Seminar­thema konnten wir alle erkennen, wie vielfältig unsere Vorstellungen waren. Eine Einzelarbeit sollte uns dann einen Teil unserer Lebenswelt zeigen. Wir betrachteten unser persönliches Netzwerk. Hierzu zählen Kontakte zur

  • Familie / Partner­schaft
  • Nachbarn / Vereinskollegen
  • Freunde
  • Beruf

Gibt es Kontakte die einseitig sind? Ich < Du
Gibt es Kontakte die ausgeglichen sind? Ich < > Du

Diese Arbeit verdeutlichte uns, ob unser Netzwerk ausbalanciert ist, oder ob es Bereiche gibt, die wir bisher vernachlässigt hatten.

Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass es günstiger ist, ein breites Netz zu spannen, als nur einen Bereich abzudecken. Ein Netz mit vielen Maschen, ein Netz das aus Nachbarn, Vereinkollegen und Arbeitskollegen besteht, aus Freunden und nicht zuletzt aus der Familie. Ein solches Netz schützt uns in Krisenzeiten davor, dass wir den Halt verlieren. Wenn eines der Standbeine wegfällt, wie z.B. der Arbeitsplatz durch Umzug oder wenn wir einen guten Freund oder Partner verlieren, dann haben wir Menschen um uns, die uns auffangen.

In der nächsten Einheit beschäftigten wir uns mit einer Übung zur Kommuni­kation. Wie vermeide ich Missverständnisse, denn

  • das, was ich sage, ist nicht unbedingt das, was ich sage
  • das was ich sage, ist nicht das, was beim Anderen ankommt
  • das was bei mir ankommt, ist nicht unbedingt das, was der Andere ausdrücken wollte.

Im Zusammenleben ist ein respektvoller Umgang miteinander auch in Worten die Basis für einen konstruktiven Gesprächsverlauf. Wir kennen sie alle, die „Killerphrasen“ wie z.B.:

  • Das ist so typisch für Dich. Nie bringst Du den Müll runter! oder
  • Mit Dir kann man nirgendwo hingehen!

Bei solchen verbalen Ohrfeigen bleibt dem Gegenüber oft die Luft weg und er wird sprachlos. Wie können wir dies vermeiden? Es gibt

Regeln zum Verändern der Kommuni­kation:

  • Verwenden Sie die Ich-Form und bleiben Die freundlich
  • Achten Sie auf Ihren Tonfall und den Gesichtsausdruck
  • Formulieren Sie möglichst klar, was Sie wirklich möchten und fragen Sie nach, ob das auch angekommen ist.
  • Bevor Sie sich wehren: Fragen Sie nach, ob Ihr Gegenüber das Gesagte richtig verstanden hat.
  • Zeigen Sie Ihrem Gegenüber Respekt. Machen Sie ihm deutlich, dass Sie seine Sichtweise verstehen, aber anderer Meinung sind.
  • Bieten Sie Kompromisse an.
  • Belohnen Sie ihr Gegenüber, dass es Kritik verträgt.

Im nächsten Baustein des Seminars griffen wir das Thema einer Teilnehmerin auf:
Wie kann ich Zukunft gestalten, wenn mein Partner mich dabei immer wieder ausbremst?

Ein Rollenspiel mit 3 beteiligten Personen (1 Person: wie es ist, 2 Person: wie es sein soll, 3. Person: welchen Kompromiss gibt es) stellte die Situation der Betroffenen dar. Das Spiel war für die Beteiligten nicht ganz einfach. Doch es zeigte uns deutlich die Zerrissenheit der Betroffenen und wie schwer es ist, einen Kompromiss zu finden.

Nach dem Abendessen kamen wir erneut zusammen. Wir sollten den Tag wohlwollend und wertschätzend abschließen. Jeder schilderte seine persönlichen Eindrücke und Erfahrungen. Unsere wichtigste Mitteilung an Frau Koop: Danke, dass Sie hier waren. Es ist nicht selbst­verständ­lich, von jetzt auf nachher in ein Thema einzusteigen und mit uns unsere Lebenswelten zu betrachten.

So ging ein intensiver Seminartag zu Ende. Wir verabschiedeten uns von Frau Koop und gestalteten den Abend je nach Interesse u .a. mit Gesell­schaftsspielen oder Gesprächen.

Für den letzten Seminartag hatte uns Frau Koop eine Übung zur Kommuni­kation vorbereitet. Bei dieser Übung ging es um das Äußern von Kritik. Aufgabe war unsere Verärgerung wertschätzend zu formulieren. Gar nicht einfach! In Gruppen­arbeiten versuchte jedes Team dies umzusetzen. Die anschließende Besprechung zeigte, dass unsere „Trockenübung“ gelungen war. Allerdings stellten wir fest, dass wir im wahren Leben und aus dem Bauch heraus häufig die notwendige Achtsamkeit nicht aufbringen. Vielleicht denken wir aber in Zukunft an die eine oder andere

Regel zum Äußern von Kritik

  1. Bevor Kritik geäußert wird, immer die Zustimmung einholen (Darf ich kurz sagen, was ich dazu denke?) – dies erhöht die Bereitschaft beträchtlich, dass das Gegenüber auf Kritik eingeht!
  2. Wertschätzen Sie die Situation des Gegenübers („Ich kann verstehen, dass du deine Ruhe brauchst, und trotzdem…“)
  3. Beschreiben Sie ihre Motivation (Ich wollte eigentlich…)
  4. Beschreiben Sie das Verhalten des Gegenübers (Und du schlingst alles in dich rein und sagst kein Wort…)
  5. Beschreiben Sie jetzt ihre eigenen Gefühle und Gedanken („Das verletzt mich und ich denke: Koch dein Zeugs doch in Zukunft selber“)
  6. Fragen sie nach, ob das die Absicht Ihres Gegenübers war („Wolltest du das?“)
  7. Meistens ist das nicht der Fall, dann können Sie nachfragen („Was wolltest du denn wirklich?“) Oder sie können einlenken und versuchen einen vernünftigen Kompromiss auszuhandeln.

In der anschließenden Abschlussrunde kam zum Ausdruck, dass wir alle dankbar waren, dass uns Frau Koop am Samstag durch den Tag geführt hatte. Sie war für uns mehr als nur ein Ersatz. Das Seminar endete am Sonntagmorgen bereits um 11 Uhr. Bis zum Mittagessen nutzten wir den schönen Herbsttag für Unternehmungen im Freien. Manche spazierten durch den neu angelegten Bibelgarten, andere sammelten Esskastanien.

Bestärkt, im Kreuzbund richtig aufgehoben zu sein, traten wir nach dem Mittagessen die Heimreise an.