Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft

für Suchtkranke und Angehörige

Diözesanverband Freiburg e.V.

KreuzbundDiözesanverband Freiburg e.V.

 

Gruppen­leiter­arbeits­tagung 
am 06. u. 07.04.2013 in Oberkirch
 
Thema:	„Kommuni­kation in der Gruppe"	   
Referent:	Otmar Wegerich, Ludwigshafen	   
Protokoll:		 
Kommuni­kation in Selbst­hilfe­gruppen kann bereichernd und 
entwicklungsförderlich,
aber auch schwierig, anstrengend und mit Störungen verbunden sein, 
da unter­schied­liche Bedürfnisse, Meinungen und Interessen aufeinandertreffen.
In der praktischen Umsetzung ist Kommuni­kation dahingehend zu interpretieren,
dass es sich tatsächlich um die Aus­einander­setzung mit Konflikten
in der Gruppe handelt. Von einem Konflikt (von lat. confligere,
„zusammentreffen, kämpfen“) spricht man, wenn Interessen, Zielsetzungen
oder Wertvorstellungen von Personen, gesell­schaftlichen Gruppen, Organisationen 
			
oder Staaten miteinander unvereinbar sind oder unvereinbar erscheinen. 

Im Umgang mit Konflikten lassen sich folgende Strategien in Gruppen beobachten:

Vermeidung: Heikle Themen werden vermieden und somit die Konflikte verdrängt.

Ausschluss: Wer andere Ansichten vertritt oder ein störendes Verhalten zeigt, wird aus der Gruppe ausgeschlossen.
Unterdrückung: 
Es wird nach dem Mehrheitsprinzip entschieden und Menschen mit 
anderen Meinungen werden auf 
irgendeine Art zum Schweigen gebracht.
		
Konflikte rechtzeitig zu erkennen ist schwierig. Erstes Anzeichen für einen vorhandenen Konflikt ist oft ein 
diffuses Gefühl von Spannungen und Unzufriedenheit in der Gruppe. Werden solche 
Symptome wahrgenommen,
ist es wichtig, dass sie aufgegriffen werden.
		
Der Einsatz von sog. "Killerphrasen" in der Kommuni­kation ist der todsichere Weg, 
ein Gespräch zum Misserfolg
zu führen. Es handelt sich genau um die Phrasen, bei denen uns selber auch die Luft 
wegbleibt und keine
gescheite Antwort mehr einfallen will:
Wir können uns derzeit keine Experimente leisten.
		
Dazu fehlt Ihnen die notwendige Erfahrung.

Dafür sind Sie zu jung / zu alt.

Das haben wir schon immer so gemacht.

Daraus entstehen Probleme, die Sie nicht überstehen können.

Das haben wir schon vor zehn Jahren ohne Erfolg ausprobiert.

Diese nicht abschließende Aufzählung ließe sich beliebig lange fortsetzen. 

Auf jeden Fall sollte davon Abstand genommen werden, 
derartige Blockaden in einem Gespräch, dessen positives 
Ergebnis erhofft wird, einzusetzen. 

Die Sprache ist ein wichtiges Mittel für die Kommuni­kation und zur Lösung von 
Konflikten. In der Arbeitswelt
ist das Themenfeld der "Killerphrasen" umfänglich und intensiv bearbeitet worden. 
Im Bereich der Sucht­selbst­hilfe
steht diese Vorgehens­weise noch an.

Sofern der Einzelne sich jedoch solchen Äußerungen (Phrasen) gegenüber 
konfrontiert sieht, ist die Frage­stellung zu
formulieren, wie damit umgegangen wird. Durch die Formulierung von Nachfragen / Gegenfragen ist es möglich,
einen konstruktiven Gesprächsverlauf zu eröffnen. Für eine positive Gesprächsführung ist grundlegend,
dass Beziehungen unter den Beteiligten aufgebaut werden. Durch die Formulierung von "Ich-Botschaften" 
kann dieses Ziel erreicht werden.
Die Einführung von verbindlichen Regeln ist eine wichtige Grundlage für die Kommuni­kation in der Gruppe.
Als Anhaltspunkte für die Formulierung von Regeln können die Gesprächshilfen nach der "Themenzentrierten
Interaktion (TZI)" herangezogen werden.
Diese Vorgaben basieren auf der nachfolgenden Frage­stellung:
Was ist wichtig, damit Gespräche in der Gruppe gelingen können?
Jeder ist für sich selbst verantwortlich.
Jeder bestimmt selbst, wann er redet und wann er schweigt. Die Gruppe darf von niemandem einen Gesprächsbeitrag erzwingen.
Jeder soll in eigener Regie und selbst verantwortlich entscheiden, welchen Gesprächsbeitrag er leisten will.
Nicht alle gleichzeitig.
Jeder darf sagen, was er will, doch wenn mehrere gleichzeitig sprechen, werden sie nicht mehr von allen angehört, 
und den meisten geht
dann der rote Faden des Gesprächs verloren. Jeder muss dafür sorgen, dass nur einer spricht.
Was einen ärgert, möglichst bald in die Gruppe bringen!
Wer sich über etwas ärgert, kann nicht mehr ungestört am Gespräch teilnehmen, sondern schaltet ab. Auf eine
Störung, die nicht deutlich benannt wird, können andere auch nicht angemessen reagieren. Wenn die anderen
auf die eigene Befindlichkeit keine Rücksicht nehmen, staut sich der Ärger, und es kann dann eine Störung
der Beziehung zu anderen Teilnehmern entstehen, weil man sich von den anderen vernachlässigt glaubt.
Jeder einzelne trägt zum Gelingen des Gesprächs bei. Denn wenn ein Gespräch unbefriedigend verläuft, liegt
das nicht allein an denjenigen, die das Gespräch geführt, sondern ebenfalls an denjenigen, die ihre
Unzufriedenheit nicht rechtzeitig geäußert haben!
Seitengepräche vermeiden.
Kurze Seitenbemerkungen sind manchmal sehr entlastend. 
 
Es ärgert und stört aber, wenn mit dem Nachbarngeredet wird.
Sich selbst zur Sprache bringen.
Wer etwas sagt, sollte seinen Beitrag oder seine Kritik als seine Meinung ausdrücken, 
statt ständig davonzu reden, was man tut, 
ist es besser zu sagen, was "ich" selbst für richtig halte, gut oder schlecht finde.
Das "Ich" ist hier kein Zeichen von Egozentrik (zu griech./lat.: ego = ich und centrum 
Mittelpunkt),sondern von Ich-Stärke).
Dem anderen einmal sagen, was mir an ihm gefällt.
Das tut jedem gut und stärkt das Selbst­bewusst­sein. Anerkennung ist besser als 
Belehrung. Denn jeder von uns
möchte akzeptiert werden und braucht das Gefühl, von anderen angenommen zu sein, 
um sich selbst besser annehmen zu können.
Nichts aus der Gruppe heraustragen.
Diskrete Verschwiegenheit nach außen ist nötig, damit Vertrauen wachsen kann.
Klar sagen, was ich will.
Jeder muss seine Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen an andere klar und deutlich artikulieren, damit die
anderen wissen, woran sie sind. Nur auf einen ausgesprochenen Wunsch kann man auch ausgesprochen gut eingehen.
Heimliche Wünsche werden unheimlich selten erfüllt. Wem aber an der Erfüllung seiner Bedürfnisse etwas liegt
,
muss sie auch mitteilen. Vom Aussprechen seiner Bedürfnisse und Wünsche 
darf man allerdings nicht erwarten dass die anderen sie erfüllen müssten. 
Die anderen müssen mit Anstand "nein" sagen dürfen.
Gefühle aussprechen.
Bei jedem Mit­einanderreden stellen sich unvermeidlich Gefühle ein, und wir sollten 
nicht vermeiden, sie zu äußern.Denn mit ausgesprochenen Gefühlen
können wir besser umgehen. Das schafft Klarheit (für einen selber und für dieanderen).
Auf Körpersignale achten. Unser Körper hilft uns, Gefühle wahrzunehmen. 
Außerdem ist er oftmals ehrlicher als unser Verstand. Wir könnenuns in aller Regel 
gut auf ihn verlassen.
Ebenso sprechen die Körper der anderen eine deutliche Sprache.Diese ist in unserer Kultur jedoch leider zu einer Fremdsprache geworden. 
Wir müssen sie daher wieder neu erlernen.
Rücksicht nehmen.
Wenn jeder seine Gefühle, seine Wünsche und Bedürfnisse, seinen Ärger und seine Störungen ausdrücken soll,bedeutet das noch lange nicht, 
dass er auf die Belange des anderen und der Gruppe keine Rücksicht mehr zunehmen braucht.Es geht darum, dass jedes Gruppen­mitglied sich 
eigenverantwortlich äußert, damit die Gruppe gemeinsam einenWeg finden kann, der möglichst alle zufrieden stellt. Dazu ist es notwendig, 
dass Kompromisse gefundenwerden, eigene Wünsche zeitweise freiwillig zurückgestellt und im Augenblick wichtigere Bedürfnisse berück­sichtigt werden.
Die Gruppenregeln sollten regelmäßig in Erinnerung gebracht werden, damit sie in das Bewusstsein der Mitglieder Eingang finden.
Der Gruppen­leitung obliegt auch die Aufgaben­stellung der Moderation. Durch eine gute Moderation können Konflikte in der Gruppe ausgeschlossen werden.

Moderation soll ………
ein Klima der Offenheit und des Vertrauens schaffen.
eine positive Entwicklung der Selbsthilfegruppe ermöglichen.
frühzeitig auf destruktive Tendenzen reagieren.
eine ganz­heit­liche Sichtweite haben.
sich selbst nicht unnötig unter Leistungsdruck stellen.
für Konflikt­lösungen Zeit lassen.
Prozesse begleiten, keine Patentlösungen.
Schematische Darstellung im Umgang mit Konflikten:

Welche Funktion können Konflikte haben?
Konflikte können Moti­vations­verluste schüren
schlechte Stimmung
Unehrlichkeit
Fernbleiben von der Gruppe
"Kaffeekränzchen", "Laberkreisel"
Lagerbildung, Spaltung der Gruppe
Auflösungstendenzen der Gruppe
respektloser Umgang
Gefühl der Nieder­geschlagen­heit
Kommuni­kation wird erschwert
Gruppe wird orientierungslos
Entwicklungsprozesse in der Gruppe werden behindert. Konflikte können auch 
Interesse anregen
Missverständnisse ausräumen
Mut zur Veränderung
Zuwachs an Erfahrung allgemein und in d. Konflikt­lösung
Stärkung der Gruppe
Konflikte können Zusammenhalt der Gruppe stärken
klare Verhältnisse schaffen
Vertrauensbasis stärken
Reaktivierung d. Gruppenprozesses
Moti­vations­schub
Zuwachs an Zufriedenheit
Stillstand verhindern.
Wenn Konflikte sinnvoll ausgetragen werden ……..
kommt die Gruppe in Bewegung.
entwickelt sich die Gruppe weiter.
wächst die Toleranz zwischen den Mitgliedern.
wird das Zusammen­gehörig­keits­gefühl gestärkt.
wird sie attraktiver für neue Mitglieder, da sie offen für neue Impulse erscheint.

Kooperative Konflikt­bewältigung:
Ziel: Die am sozialen Konflikt beteiligten Personen wollen / sollen wieder handlungsfähig werden.
Phasen der Konflikt­bewältigung:
Phase 1:	"Erregung kontrollieren"
Verhinderung eines Angriffs
Bedürfnis nach Beruhigung
Gedanken an kooperative Konflikt­bewältigung
Phase 2:	"Vertrauen herstellen"
Misstrauen abbauen, Vertrauen stärken
Offenlegen worum es geht
Benennung der eigenen Interessen
Offenlegen der Befürchtungen
Unterlassen von Provokationen
Nichtnutzung von Blößen des anderen
Phase 3:	"Offen kommunizieren"
Situation beachten (Ort, Zeit, Zuziehung einer dritten Person etc.)
Verschiedene "Wirklichkeiten" und Auffassungen akzeptieren
Gefühle beobachten – Hinwendung fördern
Phase 4:	"Problemlösung"
Checkliste für den Problemlösungsprozess:
Ist das Problem klar und verständlich formuliert?
Gibt es mehrere Definitionen des Problems?
Sind sachliche u. persönliche Aspekte ausreichend berück­sichtigt?
Sind alle notwendigen Infor­mationen gesammelt und ausgetauscht?
Sind die Parteien bereit, verschiedene Lösungswege zu erarbeiten?
Sind sie bereit, ausdauernd nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen?
Herrscht Übereinstimmung bezüglich der Kriterien zur Bewertung der Lösung?
Lässt die Lösung Möglichkeiten der Kompensation und Kompromisse zu?
Sind die Beteiligten bereit, die Entscheidung zu akzeptieren / mitzutragen?
Phase 5:	"Vereinbarung treffen"
Zumindest protokollartige Fixierung der Vereinbarung ist wichtig!
Festlegung der Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Vereinbarung!
Auch die Vereinbarung eine interimsweisen Regelung ist sinnvoll!
Merke: Die Vereinbarung bildet den formellen Abschluss der Konflikt­bewältigung auf interpersoneller Ebene!
Phase 6:	"Persönlich verarbeiten"
Wie gehe ich um mit der Art und Weise der Konflikt­bewältigung?
Was bzw. wer hilft mir bei der Verarbeitung?
Merke: Die persönliche Verarbeitung ist Anfangs- und Schlusspunkt der Konflikt­bewältigung!
Die Phasen / Stufen der Konflikt­bewältigung stellen eine Art von Leitfaden dar, an dem man sich orientierenkann.
Kommuni­kation findet auf der Beziehungs- / Persönlichkeitsebene und der Sachebene statt.
Das Ziel des Handelns sollte darin bestehen, den Konflikt möglichst auf die Sachebene zu transportieren und abzuhandeln.

gez.
Friedrich Mey