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Das
erste Männerseminar/ "Wann ist ein Mann ein Mann?"
(Mein erstes Seminar im Kreuzbund – Ein Erlebnisbericht)
Wie
wohl die meisten Veranstaltungen dieser Art fand am 22.Juli 2007 im
Josef-Bäder Haus in Bühl - Neusatzeck am Rande des Hochschwarzwaldes
gelegen, auch das erste nur für Männer konzipierte Seminar statt. Man
hatte im Diözesanverband entdeckt, dass für diese Zielgruppe
Nachholbedarf besteht. Gibt es doch für Frauen vergleichbare
Veranstaltungen, also ein Frauenseminar, oder die Frauenfreizeit schon
länger. Auf Mitinitiative von Klaus Querbach (Diözesanverbandsvorstand)
wurde der Sozialpädagoge Otmar Wegerich, der in der Drogenberatung (PSB)
Ludwigshafen beschäftigt ist, für die Moderation dieses Seminars
gewonnen.
Am
Freitagabend fand nach einem kurzen Kennen lernen auf dem Hof und dem
anschließenden Abendessen schon der erste offizielle Teil statt, nämlich
die Begrüßung durch den Heidelberger Gruppenleiter Klaus Querbach und
die Vorstellung des Moderators Otmar Wegerich. Anschließend stellten
sich auch die insgesamt fünfzehn Teilnehmer dieses Seminars kurz für
alle Anwesenden vor.
Der Abend klang mit einem, wie ich erfahren durfte,
festem Zeremoniell, dem Besuch des nahe gelegenen Eiscafes aus. Auch bei
dieser Gelegenheit konnte ich Gespräche mit den mir bis dahin
unbekannten Männern führen und sie ein wenig näher kennen lernen und sie
natürlich mich, was für die nächsten zwei Tage eine Erleichterung sein
sollte, denn da wurde es dann sehr persönlich und teilweise intim.
Am
nächsten Morgen begann die eigentliche Seminarveranstaltung pünktlich um
neun Uhr dann richtig. Gunnar Wegerich umriss anhand von Archetypen das
Spektrum von Männerrollen, mit denen wir uns beschäftigen müssten,
wollten wir eine möglichst vollständige Beschreibung des Mannes und
seiner ausgeübten, oder zugewiesenen Rollen leisten. Es war für uns alle
schnell einzusehen, dass in dem angestrebten Rahmen von zwei Tagen eine
solche Aufgabe nicht zu bewältigen, aber auch gar nicht anzustreben war,
zumal die meisten dieser Archetypen weder in Reinform existierten, noch
existieren.
Viel interessanter und aufschlussreicher für jeden Einzelnen
sollte es sein sich über seine eigenen Rollen, gewählt oder
zugeschrieben, klar zu werden und wo man steht. Gegebenenfalls wurde
unterstellt, dass durch das bessere Verstehen der eigenen Situation
Fragestellungen zur weiteren Bearbeitung abgeleitet werden könnten, das
sei aber eine Aufgabenstellung für entweder folgende Seminare, oder dann
im Einzelfall Anlass für eine individuelle Therapie
Therapie könne dieses Seminar nicht sein, sei aber auch nicht seine
Aufgabe!
Als ersten Zugang zu unseren Rollen wurde von Gunnar Wegerich
vorgeschlagen ein so genanntes Genogramm anzufertigen. Das ist eine
grafische Darstellung, der Ursprungsfamilie, aus der jeder stammt,
ähnlich einem Stammbaum, nur das darin auch die Art der Beziehungen zu
den Personen untereinander dargestellt werden kann. Überhaupt dient eine
solche grafische Darstellung dazu sich bewusst zu machen wie die
Beziehungen zu den einzelnen Protagonisten gestaltet sind. Damit wir an
diesem Thema zielgerichtet weiterarbeiten konnten, hatte Otmar Wegerich
eine Reihe von Fragen zur Seite gestellt. Gab es zahlenmäßig ein
Frauen-, oder Männerübergewicht, welche Typen waren die dominanten, ist
es uns leicht oder schwer gefallen, das Genogramm zu erstellen, usw.?
Vorbereitung für das spätere Plenum und das Besprechen von Einzelfällen
war also die persönliche Erstellung des Genogramm, gefolgt von der
Vorstellung anhand der ergänzenden Fragen in Kleingruppen bis fünf
Personen.
Die Vorstellung der individuellen Beziehungstrukturen anhand
des Genogramm zog sich, nur von der Mittagspause unterbrochen, bis in
den Nachmittag hinein. Hier wurde deutlich, dass bei der Vielzahl von
sehr persönlichen und sehr offen vorgetragenen Familienverhältnissen
immer wieder Parallelen zur eigenen Geschichte bestehen und auch deshalb
war den aktiv Zuhörenden ihre Anspannung in der Stille des Lauschens
anzumerken.
Dementsprechend intensiv war auch die nachfolgende
Diskussion. Nachdem, was sicherlich nachzuvollziehen ist, klargestellt
wurde, dass Verallgemeinerungen der Diskussion nicht zuträglich seien,
wurde versucht anhand der Einzelfälle wiederkehrende Muster zu
entdecken. Zum Abschluss dieses Tages bekamen wir von dem Moderator noch
eine kleine Bettlektüre ausgeteilt, ausgewählte Texte von Margit Schönberger aus ihrem Buch "Wozu Männer?", erschienen im Verlag Droemer.
Zur Entspannung wurde nach dem anstrengenden, weil sehr intensivem Tag,
von der Vorstandsseite des Diözesanverbandes erneutes Eisessen
vorgeschlagen, was allgemein Befürwortung fand.
Die
Diskussion des Vortages war letztlich die Überleitung zum darauf
folgenden Sonntag, an dem wir uns mit unseren ganz eigenen Sichtweisen
über uns selbst und von anderen auseinandersetzen sollten. Auch hierzu
gab es einen Fragenkatalog zur Unterstützung. An diesem Punkt kam noch
stärker als am Vortag der Aspekt unseres Trinkens, unserer
Alkoholabhängigkeit/ Erkrankung zum Tragen. Wie war unsere
Selbstwahrnehmung während des Trinkens, wie danach? Wie haben wir auf
andere Menschen gewirkt, auf Freunde, die Eltern, die Partnerin, oder
die Kinder? Was hat sich in der Abstinenz verändert? Alles Fragen die es
zu beantworten galt und nicht jedem ist es leicht gefallen.
Trotzdem
konnte ich als Neuling in der Gruppe auch hierbei erneut feststellen,
wie ernsthaft und ohne alle Plattitüden die einzelnen Seminarteilnehmer
sich selber darstellten. Ansonsten gestandene Mannsbilder gaben zu welch
unangenehme Zeitgenossen sie zur Zeit ihres Trinkens sein konnten,
soweit das so zutraf. Andere erzählten von ihrem geschönten Selbstbild,
von dem sie heute wissen, dass nichts daran der Realität entsprach und
was es sonst noch so an Selbstbetrug gibt.
Fest steht allerdings für
alle, nämlich dass erst die Abstinenz es möglich machte wieder festen
Boden unter die Füße zu bekommen und ein realistischeres Selbstbild zu
gewinnen. Was daraus geworden ist, bzw. werden kann ist in den meisten
Fällen vielfältig und offen, aber es ist der wesentlichste Schritt.
Spätestens hier tauchte die Frage nach dem Idol, dem eventuell falschen
Vorbild auf, an dem sich der Einzelne während seiner Jugend und nun
heute im Erwachsenenalter orientierte und orientiert. So vielfältig die
Aufzählungen dazu auch waren, zumal die verschiedenen Aspekte der Idole
mit einbezogen wurden, so einhellig wurde für die Jetztzeit
festgestellt, dass wir aufgrund unserer Geschichte die Orientierung an
uns selbst, so wie den erarbeiteten Werten bevorzugen.
Ein Aspekt
unseres Mann-Seins, der bislang nicht oder nur am Rande beleuchtet wurde
war die Beziehung zu unseren Partnerinnen, oder überhaupt zum anderen
Geschlecht. Als Diskussionsvorlage dienten die am Vortag ausgeteilten
Texte. Allerdings wurde schnell klar, dass für die Behandlung dieses
speziellen Themas eher ein fortführendes Seminar von Nöten ist und wir
uns mit der versöhnlichen Erkenntnis der Autorin vertagten: "Männer sind
ganz einfach die andere Hälfte der Menschheit. Nicht die bessere und
nicht die schlechtere. Männer spiegeln einen Wesensteil von uns Frauen
wider, der in jeder von uns vorhanden ist, den wir jedoch nur in der
Spiegelung an den Männern wahrnehmen können. Und übrigens umgekehrt."
Für
mich kann ich feststellen, dass dieses Seminar zwar lange nicht alle
Fragen beantwortet hat, mit denen ich im Gepäck nach Neusatz gefahren
bin, aber wie viele der Männer meinten, wurden einige neue Aspekte
zutage gefördert und diese geballte Ladung an Erkenntnis muss sich erst
einmal setzen!
Danken möchte ich an dieser Stelle, denen die mir dieses
Seminar ermöglicht haben und all den Männern, die mit ihrer Offenheit
und Freundlichkeit Fremden gegenüber, diese zwei Tage für mich zu einer
erfolgreichen Erfahrung werden ließen.
Jörg
Weingärtner |